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Model United Nations: 1.-3. Februar 2018 in Augsburg
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Model United Nations: 1.-3. Februar 2018 in Augsburg

Vom 1. bis zum 3. Februar erhielt die Delegation vom Fichte, die mittlerweile sehr MUN - erprobt ist, erneut die Chance, sich im Kreuzfeuer hitziger Diskussionen zu beweisen – dieses Mal in am Maria-Ward-Gymnasium in Augsburg.

Jedes Mal aufs Neue herrscht Euphorie im Vorfeld, die säuberlich aufgestapelten Position Papers im Gepäck und die Köpfe von Ideen berstend: Jede MUN ist in ihrer Einzigartigkeit wie die erste MUN; unbekannt, ungewiss, unberechenbar.

Doch wer mit dem Konzept von Model United Nations vertraut ist, ist sich auch dessen bewusst; dass die hart umkämpften Resolutionen am Ende des Tages doch nur Buchstaben auf Papier sind, ob leere Phrasen oder von Optimismus strotzende Ansätze zu den Problemen dieser Welt – weiter als in unsere privaten Pappordner oder direkt wieder in den Mülleimer kommen sie nicht. Obwohl alles an den Konferenzen weltbewegend scheint, können wir dem schwankenden Planeten höchstens einen kleinen Stupser geben.

Daraus ergibt sich die wohl häufigste Frage, der sich ein MUN-Fanatiker wie ich ununterbrochen stellen muss:

  • „Aber du veränderst doch nicht wirklich etwas in der Welt? Was bringt es dir dann?“
  • Warum dann überhaupt teilnehmen?
  • Warum alle Habseligkeiten zusammenkramen, um in das ferne, verschneite Bayern zu pilgern?
  • Warum das Theater mit dress code und festen Verhaltensregeln, wozu die hochdramatischen und emotional aufrüttelnden Zeremonien?

Eine Antwort gab mir schon meine Gastmutter, ohne die Frage zu kennen, als wir uns abends durch die Vororte Augsburgs Richtung Gastzuhause kämpften.

„Man weiß ja nie, was die Politiker da für einen Quark veranstalten – und ihr findet heraus, wie das alles funktioniert. Das ist doch fantastisch.“

Model United Nations gehabt sich eben deswegen so professionell, damit wir realitätsnah erfahren, wie „Politikerquark“ zusammengerührt wird. Damit eröffnet sich uns eine Möglichkeit, die vorherigen Generationen verwehrt wurde. Jeden Trippelschritt des politischen Prozesses innerhalb der UN lernen wir hautnah kennen, mehr noch, wir stellen uns in ihre High Heels und Anzugschuhe und machen selbst Politik.

Eine zweite, eine dritte und noch viel mehr Antworten kann ich geben.

Wäre MUNAU nicht gewesen, hätte ich mich nie im Leben für die Finanzpolitik von Kuwait interessiert, welches auf der Weltkarte kaum größer als Baden-Württemberg scheint. Ich hätte keine Ahnung gehabt, dass Bolivien eine stolze Vielfalt von 4000 verschiedenen Kartoffelsorten besitzt. Und während wir über den Klimawandel diskutierten, informierte mich der Delegierte von Deutschland über ein deutsches Naturschutzprogramm, von dem ich selber nie zuvor etwas gehört hatte. So wie das Konzept MUN den Nebel um die Politik der UN lichtet, so gewährt es auch Einblick in die Positionen und Gedankengänge anderer Nationen der ganzen Welt. Es fordert, ja erzwingt geradezu, dass jegliche Vorurteile ausradiert werden, und beschenkt einen, auch nach der Konferenz noch, mit einem weiteren, klareren Blick auf das Handeln anderer.

Doch für mich noch immer der wichtigste und womöglich emotionalste Grund für MUN sind die anderen Teilnehmer. All die Menschen aus tausend und mehr Kilometern Entfernung, die zum Teil zum ersten Mal in ihrem Leben in ein Flugzeug stiegen, um im knittrig kalten Augsburg an einem Tisch zusammenzukommen. Ob sie aus Deutschland, Russland, den Niederlanden, Großbritannien oder Zypern kamen – sie alle formten beim mehr oder weniger zügellosen Feiern auf der MUN- Party oder dem belebten Committee Evening eine unzertrennliche Gruppe. Während man gemeinsam trank, tanzte oder aß, wurden Katzenfotos und Fremdwörter ausgetauscht, Fotos und Witze gemacht, Freundschaften geschlossen, die auch spontane Kriegserklärungen während messerscharfen Meinungsaustauschen überstanden. Tatsächlich wären Schweden und Russland sowie Saudi-Arabien und Frankreich fast gegeneinander in den Krieg gezogen, das scheiterte jedoch an den Formalitäten und der Ernsthaftigkeit der Lage. Niemand verließ das Konferenzgebäude mit echten Feinden, wenn, dann um viele Freunde und Bekannte reicher, mit tausend Erfahrungen im Gepäck – und manche können es kaum erwarten, sich in die nächste MUN zu stürzen.

Wieso also MUN?

Es bewegt, belebt, gibt das Gefühl, wichtig und gewichtig zu sein, gibt die Möglichkeit, sich mit wutentbrannten Reden hinter waghalsige Unternehmen zu stellen, etwas Licht in das Dunkel der Politik zu bringen, immer mit tausend lieben Menschen im Rücken. Wenn MUN mich persönlich eines gelehrt hat, ist es das Kämpfen, erbittert und unnachgiebig, die eigene Meinung nie im Stich zu lassen und dennoch neue Sichten nie mit verschränkten, sondern mit offenen Armen zu empfangen. Letztendlich sitzen wir eben doch alle in einem Boot. Und genau deswegen kann ich heute felsenfest überzeugt sagen: MUN mag nur ein Stups hin zur Welt aller sein, doch unsere Welt stellt es auf den Kopf, öffnet uns tausend Türen und zeigt immer wieder eins: Wenn wir alle zusammen schieben, sind wir mächtig. Wenn wir alle zusammen schieben, können wir uns die Welt vielleicht ein bisschen schöner, friedlicher drehen. Wenn wir eines Tages alle zusammen schieben, dann hat MUN sein Ziel erreicht.

Alice Kunze

Vielen Dank an die Fördergemeinschaft des Fichte-Gymnasiums für die großzügige Unterstützung!